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Arno Schmeil: Präzision und Genuss – Double Eye

Vom Nachrichtengerätemechaniker zum Coffeeshop und Barista-Weltmeister ist es ein gar nicht so weiter Weg. Wenn man Arno Schmeil genau zuhört und sich in seinem Double Eye in der Schöneberger Akazienstraße einmal hinter dem Tresen umsieht, dann erfährt man, dass sich hier technische Präzision mit genüsslicher Leidenschaft mixt. Und wenn einer dann noch gerne mit den Händen arbeitet und mit der richtigen Nase ausgestattet ist, kommt man dem Erfolgsgeheimnis eines der meistdiskutierten Kaffeeshop-Modelle vermutlich recht nahe.

Auch das Arno sich seinem Kiez seit 16 Jahren verbunden fühlt und mit seiner Frau und den zwei Söhnen auf der Roten Insel gleich gegenüber der BIOINSEL wohnt, passt zum Bild des ebenso sympathischen wie berühmten Selfmade-Kaffee-Experten.

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Arno Schmeil vor dem Double Eye in der Akazienstraße 22

 

Da kriegste ’n Auge

Arno ist „nie weggekommen aus Berlin“, wie er sagt. Vom Abi bis zum Bauingenieur, als Ehemann und Familienvater verlief der Weg gradlinig – bis er mit 32 den Stress am Bau leid war und kompromisslos das tat, was man wohl einen Ausstieg nennen kann. Nachts plante er sein neues Business. „Kaffee hat mich immer fasziniert, die portugiesische und spanische Kaffeekultur, alles, was mit Kaffee zu tun hat.“ Und das ist ja weit mehr als Kaffee kochen. Er entwarf sein Logo, das doppelte Auge in einer architektonisch geläufigen, ovalen Fassung. „Da kriegste’n Auge“, der Spruch für etwas, das man überraschend und toll findet, animierte ihn dazu.

Von Kartoffeln zu Kaffee

Er entdeckte den Laden in der Akazienstraße, in der zuvor zwei ältere Damen Kartoffeln verkauft hatten – ganze 40 m² groß – und wusste gleich: „Das ist es! Das klappt!“ Sogar seine Frau, geplagt von einem selbstständigen Vater, der wenig Zeit für sie hatte, gab ihr Ok. Arno nahm Maß, fertigte eine technische Zeichnung an und überzeugte den privaten Vermieter von seinem Konzept. Und das hält noch heute, 14 Jahre später.

Bis zu 800 shots täglich

Von da an bekam Arno Schmeils Leben einen ganz neuen Dreh – vom Techniker zum Genussmenschen. Es lief ganz langsam an. Wo heute 600 bis 800 „shots“, also Kaffeeportionen, pro Tag ausgegeben werden, waren es zu Beginn 20, 30. Es wuchs langsam, aber stetig. „Super Gegend. Super nette Kundschaft!“, schwärmt Arno, „von Anfang an fühlte ich mich hier – auch wirtschaftlich – auf der sicheren Seite!“

Mit Blick auf die BIOINSEL

Für ihn und seine Frau, die seit 16 Jahren an der Kolonnenstraße mit Blick auf die BIOINSEL, wohnen, ist es undenkbar, hier wegzuziehen. „Der Kiez mitsamt der Akazienstraße hat sich sehr gut entwickelt.“ Die beiden Söhne sind hier aufgewachsen – vom Kindergarten zur Schule. Die Einkäufe werden in der BIOINSEL erledigt. Zum Arbeitsplatz von Arno sind es nur ein paar Schritte.

Bei aller Bodenständigkeit fragt sich die Kaffeewelt: Wieso ist Arnos Laden immer voller Kunden jeden Alters, die auch lange Schlangen vor dem Tresen für einen Gallao oder einen Espresso – mild oder kräftig – in Kauf nehmen?

Ein erster eigener Röster

Ein Grund ist sicherlich Arno selbst, der sich in das Thema Kaffee mit Enthusiasmus hineingearbeitet hat und täglich weiter an der Perfektionierung der Qualität arbeitet. Er beteiligte sich 2006 und 2007 an Barista-Weltmeisterschaften, kam, sah und siegte als professioneller Kaffee-Zubereiter. Danach tauchte er so richtig ein in das braune Elixier und in die boomende Kaffeeszene in Deutschland. Er kaufte sich 2006 seinen ersten Röster und startete 2007 mit eigenen Röstungen erneut durch.

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Arno Schmeil in seiner winzigen Rösterei hinter dem Ladengeschäft

 

Von Java bis Ostafrika

Auf der Suche nach Antworten auf Fragen wie „Wie sind die sozialen Verhältnisse auf den Plantagen? Was können mir die Experten vor Ort über Aromen, Röstungen, Hanglagen oder angemessene Preise beibringen?“ bereist er die Kaffeekirschen-Welt von Java, Flores, Sumatra über Nicaragua, El Salvador, Guatemala bis Ostafrika. Arno weiß, wo seine Kaffeekirschen herkommen, wie die Farmer ihre Leute behandeln. Er beschäftigt sich mit der Geschichte eines Landes, die mit der Kaffeeproduktion oft eng verknüpft ist.

Nachhaltig und sozial verträglich

„Diese Leidenschaft kann ich mir leisten, weil der Laden gut läuft,“ und so spielt er in der internationalen Kaffeeszene ganz vorne mit, weil er sich „entspannt auf den Kaffee“ konzentrieren kann. Und weil er Mitglied in der Röstergilde ist, ein Zusammenschluss von 100 Kleinröstern, die auch gemeinsame Reisen und Einkäufe unternehmen.

„Circa 80 Prozent meiner eigenen Röstungen sind nachhaltig, sozial verträglich und von feinster Qualität.“ Das garantiert er, denn sein vergleichsweise kleiner Betrieb ermöglicht ihm größtmögliche Transparenz. Und klein soll der Laden bleiben – keine Ladenkette, kein „Starbucksfeeling“. „Klar ist es hier beengt und vielleicht muss die Rösterei mal woanders hin, aber im Prinzip gefällt mir das so, mein Privatleben ist mir wichtig und so kann ich von hinten heraus agieren.“

Jeder Barista arbeitet anders

Im Double Eye arbeiten 10 bis 12 MitarbeiterInnen. „Alle Baristi, die bei mir anfangen, müssen gut sein!“ Und obwohl alle an den gleichen, hochmodernen Geräten – Arno nennt sie seine Spielzeuge – arbeiten, die perfekt gewartet und eingestellt sind, schmeckt der zubereitete Kaffee bei jedem Barista ein klein wenig anders. Jede/r hat seine eigene Methode, und der Kaffee reagiert komplett sensibel. „Schon bei einem halben Grad Schwankung in der Wassertemperatur schmeckt man enorme Unterschiede.“

Japanisches Filtern und andere Varianten

Auf seine „Spielzeuge“ lässt Arno nichts kommen. Sämtliche Kaffeegetränke durchlaufen hier eine Siebträgermaschine/ Marzocco GB/5. Da schimmert dann auch der Techniker durch. So investiert er pro Jahr 1000 Euro allein in Mahlscheiben. Wartung und Wasser filtern kosten allgemein ca. 3000 Euro im Jahr.

Und dann geht es ans Verkosten, Riechen und Vorführen. Fruchtiges Blaubeer-Aroma im Amaro Gayo aus Äthiopien. Die feine Milde aus der eigenen Röstung, japanische Filtermethode und italienische Injektions-Kaffees.

Die Welt des Kaffees also mitten im Schöneberger Kiez zu unschlagbar günstigen Preisen und in dieser außergewöhnlichen Qualität – und so kommt es, dass es wohl in ganz Europa keinen zweiten Kaffee-Laden gibt, der so klein ist und so viele „shots“ macht wie das Double Eye.

Text und Foto: www.ankekuckuck.de

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