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Wolfgang Abitz: Heimat und Sicherheit – 1.FCI

Bericht eines Inselbewohners:
Wolfgang Abitz, Vorsitzender von 1. FC Internationale und einer der ersten BioInsel-Kunden

Seit September 1987 bin ich Rote-Insel-Bewohner  – seit 26 Jahren – also ein Jahr bevor Anne und Helmut mit dem Inselladen begannen. Ich erinnere mich genau – der Laden war im Kellergeschoss in der Leberstraße. Erst gab es nur wenige Bio-Produkte – Brot, Müsli, Milch, später Käse. Wir, meine Frau und ich, haben von Anfang an dort gekauft. Nebenan im zweiten Laden gab es, glaube ich, Kosmetik und Geschenkartikel. Ich fand das ganz romantisch.

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 v.l. FCI Vorsitzender Wolfgang Abitz und Mitglied Nr. 982: Helmut Welp, BioInsel.
Foto: BioInsel

Helmut: Mitglied Nr. 982

Ich glaube, ich war einer der ersten BioInsel-Kunden überhaupt und bin bis heute dort Kunde. Ich sehe da zwischen BioInsel und  dem FC Internationale, dessen Vorsitzender ich bin, eine gewisse Parallele: Die Expansion. Die BioInsel wurde immer größer und schöner. Der FCI auch: 1980 hatten wir 50 Mitglieder. Heute sind es 1.040. Über 700 Kinder und Jugendliche aus rund 40 Ländern spielen beim FCI.

Helmut Welp hat die Mitgliedsnummer 982. Er ist vor knapp zwei Jahren bei uns Mitglied geworden, zuvor spielte er bei den Kellerkickern und bei Knallrot Wilmersdorf. Jetzt kickt er bei uns, im Mittelfeld der Ü 50 am Voralberger Damm, Kleinfeld.

Fußballschuhe an den Nagel gehängt

Seit 1983 bin ich schon beim FC Internationale — drei Jahre nach der Gründung. Da war ich für die Spitzenteams schon zu alt und habe hobbymäßig bei den Senioren über 32 gespielt. Ich kam dahin, weil ich immer vor dem Reichstag gekickt habe, das ging damals noch, und dann auch in der Hasenheide. Aber bei Regen kam keiner, und wir hatten nichts zum Duschen. Ein Bekannter von mir war Vorsitzender vom FCI. Da hab ich mich gleich wohlgefühlt. Prompt fehlten Leute für die ehrenamtliche Vorstandsarbeit, 1984/85 wurde ich Sportwart, dann Geschäftsführer, 3. Vorsitzender, 2. Vorsitzender und seit 2000 eben 1. Vorsitzender. Ich spielte dann noch in der Altliga über 40, kurz bei der Ü 50, und dann bekam ich Probleme mit der Achillessehne. Und – ehrlich – da ist mir jetzt mit 64 meine Altersbeweglichkeit wichtiger als das aktive Fußballspielen. Die nagelneuen Fußballschuhe, die ich mir kurz vor meinem Achilles noch gekauft hatte, habe ich an den Nagel gehängt, und da hängen sie heute noch. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Große Mädchenabteilung

Unsere Kräfte haben wir bald in den Aufbau der Jugend gesteckt. Das ist hier im Kiez, in Schöneberg, aber auch in Kreuzberg und Steglitz, gut angekommen. Der FCI hat mittlerweile 37 Jugendmannschaften und zwölf im Erwachsenenbereich. Darunter sind unsere erfolgreichen Mädchenteams, mit sieben Teams zählen wir zu den größten Mädchenabteilungen in Berlin. Grad ist unser Frauenteam in die höchste Berlin-Liga aufgestiegen. Da sind wir sehr stolz. Auch die B- und C-Mädchen spielen bei uns richtigen Leistungsfußball; so standen kürzlich die B-Mädchen im Berliner Pokalfinale.

Spione am Spielfeldrand

Wir nennen das Leistungsfußball – nicht Profisport. Bei uns ist Bezahlung von Spielern und Spielerinnen laut Satzung verboten. Trainer bekommen eine Aufwandsentschädigung. Die Folge ist, dass gute Spieler auch wiederum schnell bei anderen Vereinen landen. Leider tummeln sich immer mehr Spione am Spielfeldrand, die versuchen,  unsere besten Jugendspieler für andere Vereine abzuwerben.

Mit Respekt

Überhaupt sind wir nicht der typische Fußballverein. Die Linken, Grünen, Alternativen aus unserem Einzugsgebiet stellen fest: Ihre Kinder wollen Fußball spielen!! Wenn ihnen das schon nicht auszureden ist, stellt sich die Frage, in welchem Verein die Kinder angemeldet werden sollen. Und da kommen viele zu uns, denn unsere grundsätzliche Haltung ist, allen Menschen mit Respekt zu begegnen! Das wird bei uns gelebt: Wir diskutieren, hören zu, treffen gemeinsame Entscheidungen – das ist in anderen Vereinen nicht unbedingt so. Und auch mancher Trainer guckt erst mal komisch, wenn der jeweilige Mannschaftsrat bei seiner Einstellung mit gefragt wird.

Von vier bis über 70

Kaum retten können wir uns vor dem Andrang der Minis, der vier- bis sechsjährigen. Das geht an unsere Grenzen, sowohl was Platz, Trainerinnen und Trainer angeht. Eltern werden mit in die Betreuung einbezogen. Wir sind nämlich keine Kinderaufbewahrungsstation. Aber auch die Alten sind sehr rege. So plant der DFB ab 2014 eine Liga Ü 60, da könnte ich dann mitspielen (-: Und perspektivisch sogar eine Ü 70!

Jugendarbeit ist auch Elternarbeit

In jungen Jahren sollten die Spieler und Spielerinnen uns nicht gleich wieder verlassen, wenn ihnen ein anderer Verein lukrative Angebote macht. Wir sind Heimat und geben Sicherheit. In anderen Vereinen werden alle Positionen doppelt besetzt, wird eine Auslese getroffen, bleiben viele auf der Strecke. „Mein Sohn geht zu TeBe,“ höre ich noch einen stolzen Vater, dessen talentierter Sohn abgeworben wurde. Er wurde ausgesiebt und spielt heute keinen Fußball mehr. Schade! Fußball muss doch Spaß machen! Man bewahre uns vor diesen verrückten Eltern. Jugendarbeit – das ist auch Elternarbeit.

Spiegelbild unserer Gesellschaft

Sie glauben ja gar nicht, was am Spielfeldrand manchmal los. Da werden spielende Kinder und Schiedsrichter beschimpft und Aggressionen losgelassen mit persönlichen Bedrohungen – ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ich würde am liebsten manchmal unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielen lassen. Was sind das denn für Vorbilder für die Kleinen. Wir diskutieren auch mit den Eltern.

Jeder Verein muss Schiedsrichter entsprechend der Anzahl seiner Mannschaften stellen. Wir haben zur Zeit 30 Schiedsrichter – auch ganz junge. Ich bewundere die, wie die sich da hinstellen und sich zum Teil beschimpfen lassen und ruhig bleiben. Auch ein Mädel ist dabei.

Aufwendiger Spielbetrieb

Inzwischen sind wir auf fünf Sportstätten aktiv:

– am Voralberger auf der Inter-Arena

– auf dem Sportplatz Tempelhofer Weg (gegenüber Gasometer)

– auf der Eisackstraße nähe Innsbrucker Platz

– auf dem Dominicussportplatz – Rasenplatz für den Sommerbetrieb

– auf dem Platz Monumentenstraße für die 1. und die 2. Männer-Mannschaft.

Das ist eine Menge Verwaltungs- und Pflegearbeit. Inzwischen haben wir einen technischen Leiter festangestellt für den alltäglichen Spielbetrieb und zwei FSJ-ler.

Die Brust ist (fast) unverkäuflich

Finanziell geht es bei uns meist Plusminusnull zu. Unser Etat beträgt etwa 190 000 Euro im Jahr. Da bleibt nichts übrig. Leider ist der Spendenanteil sehr gering. Da wünschen wir uns manchmal etwas mehr und freuen uns auch über solche Unterstützung wie uns die BioInsel hin und wieder gewährt, zum Beispiel bei der Einweihung des neuen Platzes Voralberger Damm. Wir hoffen, dass sich mal ein Förderkreis bildet, der noch ein paar zusätzliche Gelder akquiriert. Unsere Brust wollen wir möglichst nicht verkaufen: Bei uns ist keine Werbung auf dem Trikot, nur unser Wahlspruch: „No Racism“ – das ist inzwischen auch zum Markenzeichen geworden.

Verbandsliga  – neue Halle  – Sportplatz für Gäste

Ich habe drei Wünsche für die nächsten Jahre: Unsere Spitzenmannschaften sollen in der Verbandsliga spielen (ohne Geld). Wir hätten gerne eine Halle – damit auch die Kleinen bei Schneetreiben geschützt spielen und wir andere Sportarten wie Basketball und Kampfsport anbieten können. Und noch eine Sportanlage, damit wir auch Gäste bei uns spielen lassen können – die Teams aus Kirchen- und TU-Liga wollen bei uns trainieren, die Landesmeisterschaften der Berliner Behindertenwerkstätten und der InterKulturCup mit Berliner Fußballverband und Türkiyemspor finden bei uns statt, das Flüchtlingsprojekt „Champions ohne Grenzen“ trainiert Flüchtlingskinder bei uns. Die wollen alle bei uns spielen. Warum wohl…?!

Der DFB hat FCI mit dem Integrationspreis 2013 ausgezeichnet. Der Schlüssel für den brandneuen Vereinsbus wurde Wolfgang Abitz von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff überreicht. Der Mercedes Vito wurde feierlich am 31.5. übergeben.

aufgezeichnet von Anke Kuckuck

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